Rückblick: Tag der offenen Tür beim Smartfeld ICT Campus

Zwei Jahre Smartfeld. EIne Erfolgsstory zieht Bilanz!
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Vor zwei Jahren eröffnete in St.Gallen der Smartfeld ICT Campus, anschubfinanziert durch die IT Bildungsoffensive. Am Tag der offenen Tür konnten die jugendlichen ICT Talente den Vertretern aus Wirtschaft und Bildung zeigen, was sie seither gelernt haben. Im anschliessenden Podiumsgespräch mit Stefan Kölliker ging es dann um das eher ernsthafte Thema, ob und wie der ICT Campus das nahende Ende der Anschubfinanzierung durch die ITBO überstehen kann?

Rund 70 Personen fanden sich am Samstag ein, um das Treiben im Smartfeld ICT Campus zu bestaunen, darunter auch mehrere Professoren der HSG, der OST und der PHSG, sowie Vertretende einiger Ostschweizer Unternehmen.

Yvonne Seitz, Head Human Resources der Abacus Research AG, dem einzigen grossen Sponsor des St.Galler Projektes ‒ man behalte dies für den späteren Textverlauf im Gedächtnis ‒ staunte nicht schlecht über die Vielfalt der Ideen und Projekte der Jugendlichen, vom Kürbis-Klavier über die Lego Roboter, bis hin zum Programmieren einer Drohne. Dem Chief Digital Officer (CDO der Swisscom, Roger Wüthrich-Hasenböhler, selber ein St.Galler, stach die sehr hohe Anzahl der Mädchen ins Auge. Er fand es auch “total cool”, wie die Crew der jungen Leute den alten Leuten erklärten, wie alles funktioniert. Die Professoren Pascale Baer-Baldauf von der OST und Siegfried Handschuh von der HSG bestaunten ihrerseits den grossen Fleiss und das unbeirrte Engagement. “Die Jugendlichen waren voll mit ihrer Arbeit beschäftigt und liessen sich von uns nicht ablenken,” schwärmt Baer-Baldauf.

Etwas weniger verspielt ging es dann in der nachfolgenden Podiumsdiskussion weiter, mit dem durchaus ernsten Thema: “Wie finanziert man Nachwuchsförderung nachhaltig?” Die Organisatoren wissen es nämlich nicht und befinden sich damit im selben Boot wie z. B. die TuN Ostschweiz (Technik und Naturwissenschaft). Allgemein haben es Förderprogramme aufgrund des langfristigen RoI (return-on-investment) immer schwer. Dieser kann, je nach Altersstufe der Geförderten und dem geforderten Ausbildungsgrad der Wirtschaft, zwischen 5 bis 15 Jahre liegen. Das Geld wird aber sofort benötigt. Da erstaunt es nicht, dass der Staat zur Kasse gebeten wird, während dieser die Verantwortung bei den späteren Nutzniessern sieht.

In einem war man sich, wohl auch aufgrund der positiven Eindrücke der vorangegangenen ICT Campus Besichtigung, einig, es muss unbedingt weitergehen. “Das Projekt darf nicht sterben!”, betonte der St.Galler Bildungsdirektor Stefan Kölliker in der Diskussion eindrücklich.

Roger Wüthrich-Hasenböhler, CDO der Swisscom, mahnte, dass der Gründer des ICT Scouts und Campus Fördervereins, Rolf Schaub, konstant und zu sehr mit der Geldsuche beschäftigt sei. Die Swisscom habe von Beginn weg an den ICT Campus geglaubt und darin investiert. Er würde sich aber schon wünschen, dass der Staat einen gewissen Beitrag dazu leistet.

Der angesprochene Bildungsdirektor kontert: “Es kann nicht sein, dass der Staat alles finanzieren soll. Wir haben mit der IT Bildungsoffensive vieles lanciert und die Wirtschaft mit an Bord genommen, und ich muss nun ganz klar den Ball ein Stück weitergeben an die Wirtschaft.” Auf die Frage in die Runde von Moderator Prof. Dr. Mathias Kirf (PHSG), meinten die Vertreter von Forschung und Bildung einstimmig, dass es sich definitiv lohnen würde, zu investieren. “Es lohnt sich, man muss in dieser Thematik langfristig denken,” meint Prof. Baer-Baldauff und Yvonne Seitz von Abacus bestätigte kurz und knapp, “Wir investieren bereits.” Junge Leute, die am Samstag früh aufstehen und sich freiwillig im ICT Campus engagieren, hätten für den Selektionsprozess einen grossen Wert.

Damit ist Abacus als lokaler Sponsor bisher aber allein. Damit der Smartfeld ICT Campus in einem Jahr weiter bestehen kann, braucht es mindestens drei weitere solcher Sponsoren, plus viele weitere zahlende Mitglieder, wie aktuell Leica Geosystems, Merkle Schweiz, Raiffeisen Schweiz, EGELI Informatik AG, Smartfeld, IFP Informatik AG, EMPA und die HSG (Medienmitteilung vom 28.10.2022). Mitglieder geniessen den Vorteil, dass sie direkt im ICT Campus Nachwuchs rekrutieren können.

Für die Swisscom ist klar, “es braucht ein Modell, in welchem der Staat und die Wirtschaft das miteinander aufbauen und auch zusammen sicher stellen, damit es nachhaltig finanziert wird.” Den Schlüssel zum Erfolg sieht Wüthrich-Hasenböhler im “Urner Modell”. Der Kanton Uri hat beschlossen, die ICT Scouts in alle Sekundarklassen zu schicken und die Kosten dafür zu übernehmen. Die Kosten für den anschliessenden ICT Campus übernimmt die Wirtschaft. So sind die Kosten nach dem Nutzniesserprinzip aufgeteilt. Es sei ein pragmatischer Kurs der kleinen Schritte, die in jedes Budget passen. “Wenn wir in Zukunft wettbewerbsfähig sein wollen, dann müssen wir uns ein wenig aus dem Fenster lehnen.” In China kämen pro Jahr eine Million ICT Fachkräfte auf den Markt, die ETH brächte es gerade mal auf 1000! “Dass die Wirtschaft diese Leistung dringend braucht, steht ausser Frage.”

Für Kölliker ist die gegenseitige Ergänzung von Schule und privaten Initiativen optimal: “Die Schule kann nicht alles leisten, sie hat einen sehr vielfältigen Auftrag. Darum bin ich enorm erfreut über dieses Projekt. Dieses Modell, wo die Schule den Zugang zu den Schülerinnen und Schülern geben kann, der Rest dann aber ausserhalb des Schulunterrichts stattfindet, ist hervorragend.”

Wenn wir das nicht hinkriegen, “so gibt es am Schluss einfach ein weiteres Projekt, dass alle gut finden aber niemand tragen will,” mahnte Wüthrich-Hasenböhler abschliessend. “Das darf nicht sein,” betonte Kölliker nochmals. “Das Modell ist bestechend, es ist hervorragend. Wir müssen uns vereint, in welcher Funktion auch immer, Mühe geben, dass das weiter geführt wird, das ist extrem wichtig,” und ruft alle Verbände auf, sich gemeinsam an einer Lösungsfindung zu beteiligen.

 

Über ICT Scouts und Campus

ICT Scouts und Campus findet, fördert und vermittelt ICT Talente. Es ist eine grundlegend neuartige, von der Sportförderung inspirierte Art der MINT Talentfindung und -förderung.

Dabei soll auf der einen Seite verborgenes Talent möglichst flächendeckend identifiziert, und andererseits den betroffenen Jugendlichen der Zugang zu einer entsprechenden Ausbildung geebnet werden. So kann der ICT Talentpool ausgeschöpft und mit der Arbeitswelt zusammengeführt werden. Dabei wird nicht nur der Fachkräftemangel entschärft, sondern es entstehen langfristig auch neue Perspektiven für tausende von Jugendlichen, insbesondere junge Frauen, welche bisher in Unkenntnis ihres wahren Talents auf die jeweils zweite Berufswahl setzen mussten.

Das Programm startete 2016 mit einem Pilotprojekt in Muttenz BL und umfasst mittlerweile sieben Standorte. Mit den ICT Scoutings jeweils in den 7. Klassen der Volksschule erreicht das Programm inzwischen knapp 10% der gesamt-schweizerischen Jahrgangsbevölkerung und betreut eine Talentgruppe von über 800 Jugendlichen.

Fernziel ist, dass dereinst jedes MINT-affine Kind der Schweiz Zugang zu einem solchen ICT Campus haben soll, auch jene, die sich ihrer MINT-Affinität noch nicht bewusst sind.

ict-scouts.ch

 

Über Smartfeld

Smartfeld ist eine interdisziplinäre Initiative des Switzerland Innovation Park Ost, der Empa, der GBS St. Gallen, der Ostschweizer Fachhochschule, der Pädagogischen Hochschule St.Gallen und der Universität St.Gallen mit dem Ziel, Kreativität und Zukunftskompetenzen zu fördern sowie Kinder und Jugendliche für die Herausforderungen des digitalen Zeitalters fit zu machen. Smartfeld ist zudem eine Leadorganisation der IT-Bildungsoffensive des Kantons St.Gallen (ITBO) mit den Teilaufträgen ICT Scouts, Digital Entrepreneurship, Fokusthemen sowie Ausserschulische Angebote zur MINT-Förderung.